Dienstag, 27. Januar 2015

Masken Kapitel 3 / Teil 2



Die Zeit bis zur Einweihungsparty verging fast wie im Flug. Immer war etwas zu tun. Immer kam eine neue Kiste mit noch wichtigeren Dingen zum Vorschein. Dinge, die einen neuen Platz brauchen, verstaut werden mussten, um anschließend wieder in Vergessenheit zu geraten. Hätte ich in den letzten Tagen nicht selbst viele davon in der Hand gehabt, hätte ich mich niemals an diese Sachen erinnert.
Vielleicht hätte ich sie irgendwann vermisst. Vielleicht. Aber ich glaube eher nicht.
Wenn man sich nicht einmal an ihre Existenz erinnern kann, braucht man sie dann wirklich? Meine Eltern scheinen davon überzeug zu sein. Schon sind wieder alle Regale voll, die Schränke quellen fast über und die besonders wichtige Dekoration beginnt mit dem Einstauben. Der nicht endender Kampf zwischen Staubtuch und Deko - Artikeln hat erneut begonnen. Was hat sich verändert?
Nichts.
Nicht wirklich.
Das Haus ist neu. Aber würde man es mit alten Bildern vergleichen, würde kein Unterschied auffallen. Aber die Nachbarn, die seit etwa einer Stunde auf unserem Sofa sitzen haben dies natürlich nicht bemerkt. Wie auch? Sie kennen uns ja nicht. Können noch nicht hinter die Fassade schauen.
Für sie sind wir eine nette Familie, mit vier Kindern, zwei fleißigen Eheleuten - immerhin sind beide berufstätig, keine Selbstverständlichkeit heutzutage - und einem mit vielen Familienbilder und Erinnerungsstücken eingerichtetem Haus.
Vier wirklich braven und liebenswürdigen Kindern. Selbst meine große Schwester erweist meinen Eltern den Gefallen und hat ihr freundlichstes Lächeln aufgesetzt, während sie meiner Mutter beim Aufdecken des Kaffeetisches hilft.
Die Zwillinge spielen mit den kleinen Nachbarskindern. Streiten sich nicht, teilen ihre Spielsachen und selbst als der Nachbarsjunge die in mühsamer Kleinstarbeit erbaute Lego - Burg demolierte gab es keine bösen Worte.
Wahre Engel also.
Könnten sie nicht immer so sein?
Nein.
Masken kann man nicht unbegrenzt tragen. Irgendwann muss die Wahrheit, das wahre Ich, ans Tageslicht. Ich weiß es, denn ich trage sie heute auch.
Sitze ich doch gerade neben meinem Vater auf der Couch und lausche interessiert dem Gespräch der Erwachsenen. Leider gibt es in der Nachbarschaft kein Kind in meinem Alter. Und mit den kleinen Spielen? Nein danke.
Dann heuchele ich doch lieber noch ein wenig Interesse. Und auch wenn man sich nicht selbst loben soll, muss ich doch feststellen, dass ich meinen Job bisher ganz gut mache. Werde ich doch hin und wieder ins Gespräch mit einbezogen.
Bravo.
Applaus.
Diese Feier ist eine wirklich gute Vorstellung von der ganzen Familie. Das Theaterstück eines neuen Versuches, einer heilen und glücklichen Familie, in einer neuen Stadt hat hiermit begonnen. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis sich der Spannungsbogen aufbaut und seinen Höhepunkt erreicht. Ob sie diesmal den Bogen überspannen? Oder haben sie aus der ersten Episode der Geschichte gelernt und es wird ein Happy End geben?

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