Das
unverwechselbare Gefühl von Zufriedenheit macht sind in mir breit.
Aber
nicht nur das. Nicht so eindeutig.
Gefühle
sind wie ein Gericht, wie ein mehrere Gänge umfassendes Menü. Nicht wie das
Fertigfutter, mit dem die meisten Menschen sich heutzutage mästen. Sondern
vielmehr wie die Kreationen eines Spitzenkochs.
Sie
bestehen nie nur aus einer Komponente. Sind stets mit raffinierten Gewürzen
verfeinert. Nie offensichtlich.
Nie
einfach.
Erst
wenn man sich auf sie einlässt, kann man all ihre Nuancen erfahren, kann man
schmecken, was sich hinter dem ersten Eindruck versteckt. Sich ergänzen sich,
sind widersprüchlich und harmonieren im selben Augenblick.
Ich
schließe die Augen.
Konzentriere
mich vollkommen auf das Gefühl, dass ich empfinde, wenn ich an meine Bühne
denke, an das Werk, dass ich vollbringen werde.
Vordergründig
zeigt sich die Zufriedenheit, die Zufriedenheit darüber, dass die gefundene
Bühne all meine Erwartungen und Hoffnungen erfüllt. Meine sich entwickelnde
Idee des Werkes ergänzt und vervollständigt.
Ich
lasse dieses Gefühl der Zufriedenheit auf meiner Zunge zergehen und entdecke
neue Aspekte, die vorher überdeckt wurden.
Das
Gefühl der Angst, düster, stechend, berauschend. Widersprüchlich. Die Angst
erwischt und verurteilt zu werden. Die Angst, dass die Menschen mich, mein
Werk, nicht verstehen werden. Dass ich versagen werde, in meinem Ziel ihnen die
Augen zu öffnen. Die Angst, die meine Hände zum Zittern bringt, mir den Schweiß
auf die Stirn treibt. Die Angst, die aber auch berauscht, lockt, verführt.
Angst,
die ich wieder spüren will, nur um zu zeigen, dass ich über ihr stehe, sie
besiegen kann. Es ist das gleiche Gefühl, das Menschen dazu bringt, aus
Flugzeugen zu springen, ohne Sicherung zu klettern oder auf viele andere Art
ihr Leben zu riskieren. Die Angst, das Leben wie man es kennt zu verlieren.
Aber
auch das Gefühl vergeht und wird zu einer Nuance meiner Zufriedenheit.
Der
leichte Hauch von Vorfreude, der unter den Schichten aus Zufriedenheit und
Angst zum Vorschein kommt überrascht mich. Bisher ging ich davon aus, dass es
meine Pflicht ist das Werk zu vollbringen, da sonst keiner zu sehen scheint,
was ich in den Menschen sehen kann. Eine Pflicht, die man erledigt, weil sie
erledigt werden muss. Nicht weil sie einem Freude bereitet.
Doch
jetzt merke ich, dass ich mich darauf freue, das Werk zu vollbringen. Darauf freue,
den beiden Leichen im Nebenraum das Gesicht abzuziehen. Die Neugier zu
befriedigen, die danach lechzt herauszufinden, wie es sich anfühlen wird.
Dass
ich mich darauf freue, dem ersten Werk weitere folgend zu lassen. Anderen
Menschen das Leben zu nehmen, um ihre bösen Seiten der Welt zu präsentieren.
Freude
und Neugier, zwei unerwartete Nuancen meiner Zufriedenheit, aber keine
unwillkommenen.
Langsam
öffne ich wieder die Augen und bin zufrieden. Dies ist mein Schicksal und ich
freue mich darauf es zu erfüllen.
Es
ist Zeit zu beginnen.
Ich
entschließe mich, die Leichen im Zimmer des Mordes vorzubereiten. Die Reinheit
der Bühne soll nicht durch das Spritzen von Blut zerstört werden.
Alles
soll perfekt sein.
Langsam
formt sich ein Bild meines Werkes in meiner Vorstellung. Noch ist es nicht
perfekt, aber es wird wachsen, gedeihen, bis es fertig ist.
Doch
eins weiß ich, die Frau wird meine Hauptdarstellerin sein.
Sie
wird im Mittelpunkt stehen, denn Sie ist der Ursprung von alledem.
Sie
trug die Maske.
Sie
beging den Verrat.
Der
Mann war nur Mittel zum Zweck. Und auf diese Weise wird er auch mir dienen.
Den
ersten Zweck den er zu erfüllen hat, ist mir als Übungsobjekt zur Verfügung zu
stehen. Wenn ich mit seinem seiner Haut zurechtkomme, wird es auch bei ihr
funktionieren.
Jetzt,
da ich weiß, was ich zu tun habe, zieht es mich zurück in das Zimmer des
Mordes. Ich werde mit seinem Rücken beginnen. Eine große Fläche. Vermutlich ein
guter Anfang um zu üben. Und selbst wenn es nicht sofort klappt, wird es das Bild
später nicht zerstören. Ich werde ihn später einfach mit den Rücken aufs Bett
legen, ein paar Anfängerfehler werden dann sicher nicht weiter auffallen.
Praktischerweise
ist er auf dem Bauch gestorben, an der Bettkante. Ich muss ihn nur ein wenig
von der Bettdecke befreien und kann mit der Arbeit beginnen. Die Haut ist noch
warm, wenn auch schon deutlich kälter als bei einem lebenden Menschen. Die
kühle Raumluft lässt den Körper langsam aber sicher abkühlen.
Ich
betrachte ihn. Überlege wo ich am Besten den ersten Schnitt setzen soll.
Unter
seiner Haut sind deutlich die trainierten Muskeln zu sehen. Schon vorher hatte
ich den Eindruck, dass er zu der sportlichen Sorte Mann gehören musste. Die
definierten Rückenmuskeln bestätigen diese Vermutung. Sein Missgeschick mit der
Decke, die Tatsache, dass ich den Kampf gewonnen habe, war wirklich ein
Glücksfall. Rein von der Kraft her, hätte ich nie eine Chance gehabt.
Ich
setze den ersten Schnitt am unteren Ende des Rücken an und hinterlasse eine
feine rote Linie auf seiner Haut.
Wieder
einmal stelle ich fest, dass mein Messer ist wirklich scharf ist. Der Gefühl
von Stolz weht sanft wie ein leichter Windhauch über mich hinweg.
Mit
leichtem Druck führe ich es seine linke Seite hinauf, an der Taille vorbei, bis
unter die Achsel. Auch hier zeigt eine feine rote Linie, wo mein Messer sich seinen
Weg durch die Haut gesucht hat.
Weiter
schneidet ich entlang der Schulter, am Nacken vorbei, bis hinüber zum anderen
Arm und den ganzen Weg wieder hinunter zum Anfang.
Es
ist kein perfektes Viereck und kein Quadrat, aber es ist in sich geschlossen
und rahmt die große Rückenfläche ein.
Ich
entscheide mich für die Ecke an der rechten Hüfte und versuche mit Hilfe des
Messers ein Stück Haut soweit zu lösen, dass ich es greifen und festhalten
kann.
Selbstverständlich
klappt es nicht beim ersten Mal. Aber das hatte ich auch nicht erwartet. Ich
versuche es trotzdem weiter, bis ich schlussendlich den Anfang gefunden habe.
Vorsichtig
beginne ich, die Haut vom Körper zu lösen. Während ich mich auf meine Aufgabe
konzentriere, schleicht sich die Frage, wie reißfest ist eine auf diesem Weg
abgezogene Haut eigentlich ist, in meine Gedanken. Unsicher darüber, wie die
Antwort auf diese Frage aussehen mag, gehe ich mit einer Vorsicht zu Werk, die mich
selbst überrascht. Ich ziehe an der Haut und wenn nötig helfe ich mit dem Messer
nach, gleichzeitig versuche ich zu erkennen, ob die Haut zu reißen beginnt.
Ich
scheine die Technik zwar noch nicht perfekt zu beherrschen, aber gleichzeitig
stelle ich fest, dass ich wohl nicht zu viel falsch mache. Es funktioniert. Das vom Körper gelöste Stück Haut wird größer.
Bis
ich mit dem Körper des Mannes fertig bin, werde ich sicher um einiges besser
sein, denn immerhin habe ich noch einiges vor mir. Der Entschluss ihn von
seiner gesamten Haut zu befreien festigt sich und findet seinen Platz in meinem
Werk.


